Oops I did it again...

Ein Jahr hatte ich mir vorgenommen. Ein Jahr ohne ohne einen Tropfen Alkohol. Das habe ich durchgezogen. Und es war erstaunlich einfach. Bis auf ein einziges Mal hatte ich nie ein Problem damit, nicht zu trinken. Im Voraus hatte ich oft Angst, dass dieser oder jener Anlass so ganz ohne Alkohol nicht schön würde:  Après-Ski ohne Schümli Pflümli, ein Sommerabend ohne Sauvignon Blanc, eine Pizza ohne Cabernet Sauvignon (ja, Cabernet Sauvignon, nicht Chianti).  Im Voraus hatte ich immer Angst, dass diese Momente sehr, sehr schwierig werden würden. Der Moment selber funktionierte aber immer genauso gut ohne Drink. Ein Alkoholfreies Bier nach dem Skifahren tat Situation und Stimmung keinen Abbruch, dito Sommerabend, dito Pizza. 

Der eine Moment, der mir wirklich schwer fiel, war an einer Hochzeit. Nach dem 40. Geburtstag sind das ja sowieso seltene Events. Scheidungen werden meist nicht so rauschend gefeiert, nach den Anwaltskosten hat keine Partei mehr Geld dafür. Da war also dieser Moment nach der Trauungszeremonie, alle strömten in den grossen Saal zum Apéro, Kellner mit Champagner, alle Gäste prosten sich fröhlich zu, der Saal war erfüllt von einer positiven Energie und dem kollektiven Wissen, dass nun ein tolles Fest begann. Da spürte ich ein sehr starkes Verlangen nach einem Glas Champagner. Dieses Setting kannte ich nur zu gut und ich pflegte es zu lieben. Dieser erste Schluck, der Alkohol schiesst zu Kopf und alles fühlt sich leicht und gut an. Dieser Moment dauerte aber nur kurz, nach wenigen Minuten war er vorbei und ich mit den anderen ausgelassen am Feiern.

Rund zwei Wochen nach dem Ablauf meines Nooze-Jahres trank ich an einem geselligen Abend im Garten, umgeben von guten Freunden, ein, zwei Gläser Wein. Ich weiss nicht, was ich erwartet hatte. Aber sicher nicht, dass mir der Alkohol nicht mehr zusagen würde. Ich spürte die Wirkung aber empfand sie als eher unangenehm. Dieser Kick, dieses  Hochgefühl und diese leicht überdrehte Heiterkeit blieben aus. Im Gegenteil, mein Körper fühlte sich heiss an, der Mund wurde schneller als mein Hirn, der Kopf pochte und fühlte sich schummrig an. Ich war ok aber mochte nicht, wie ich mich fühlte. Was ich als das Tolle am Alkohol empfunden hatte, das blieb mir nun, nach einem Jahr Abstinenz, verwehrt. 

In den folgenden drei Monaten trank ich noch zweimal ein bisschen Alkohol und beide Male erlebte ich das Gleiche: das tolle Gefühl blieb aus und es blieb die Erkenntnis, dass ich dem Alkohol nichts mehr abgewinnen kann. Im Gegenteil: Nach einem Apéro, an dem ich ein Bisschen Weisswein getrunken hatte, war ich nach vier Stunden wach und völlig verkatert. 

So fällt es mir nun sehr leicht, beim alkoholfreien Bier zu bleiben. Ich bleibe präsent, fit, klar im Kopf und am nächsten Morgen stehe ich voller Energie auf. Und das ist mir viel wertvoller als die Hoffnung auf ein bisschen Hochgefühl. 

Oops I did it again…  but will I really do it again?